What a wonderful world
Endlich war
es Zeit zum
Einchecken für unseren Flug nach Petropavlovsk-Kamtschatski. Dieses Mal
kostete
uns unser Übergepäck „nur“ 7000 Rubel. Ein Freundschaftspreis. Beim
Einsteigen
konnte man am Rumpf noch erkennen, wo früher die sowjetische Flagge mit
Hammer
und Sichel angebracht war. Die Farben Russlands sehen irgendwie
provisorisch
aus Aber als wir in der Maschine saßen, verstrich der Abflugzeitpunkt.
Die
Durchsagen in Russisch verstanden wir nicht und das Englisch des
Personals war
ziemlich lausig. Etwa zwei Stunden später rollten wir dann auf die
Startbahn
und die Iljuschin, die fast bis auf den letzten Platz besetzt war, nahm
Kurs auf
den fernen Osten Russlands, auf Kamtschatka. Die Flugzeit sollte 8
Stunden
betragen. Der Zeitunterschied zu Mitteleuropa beträgt +11 Stunden.
Noch aus Deutschland hatten wir
Martha mitgeteilt, das wir am 4. August um 10.10 Uhr in Petropavlovsk
ankommen.
Als uns Martha am Flughafen
abholte, es dauerte ein Weilchen bis wir unser ganzes Gepäck aus dem
Flughafen
geschafft hatten, denn auch hier gibt es keine Gepäckwagen, meinte Sie,
das Sie
uns eigentlich schon gestern erwartet hätte. Wir beharrten erst mal
darauf,
keinen Fehler gemacht zu haben und so wie angekündigt, angekommen zu
sein. Später,
als
es um das konkrete Datum ging,
merkten wir, dass wir uns wirklich um einen Tag vertan hatten. Es war
also
schon der 5. August und nicht wie wir dachten, der 4. August. So
konnten wir fürs erste nur einen kleinen Streifzug durch Jelizovo
machen.
Dadurch ging es gleich am nächsten Morgen mit dem Bus weiter nach Milkowo. Am nächsten Morgen, der Bus sollte um 9.30 Uhr abfahren, waren wir schon ganz aufgeregt und wollten los, denn auf unserer Uhr war es schon 9 Uhr. In Wirklichkeit war es allerdings erst 8 Uhr. Wir hatten gestern die Uhr falsch gestellt. Marthas Mann brachte uns mit unserem ganzen Gepäck zum Busbahnhof. Obwohl wir so gut wie kein Russisch sprechen und er genauso wenig Englisch, verständigten wir uns so gut es ging mit Händen und Füssen. Er verabschiedete uns mit einer herzlichen Umarmung.
Leider mussten wir die alte Frau, die während der Wartezeit auf den Bus, ein Gespräch mit uns anfangen wollte, enttäuschen. Wir verstanden Sie leider nicht. Unsere Angst, den richtigen Bus nicht zu erkennen, erwies sich als unbegründet. Soweit reichte unsere Kenntnis der kyrillischen Buchstaben. Als viel schwieriger erwies sich, unser gesamtes Gepäck unterzubringen. Was nicht mehr in den Laderaum des Busses passte, musste im Gang untergebracht werden.
Die Fahrt nach Milkowo sollte
etwa vier Stunden dauern. Die ersten 100 Kilometer und die letzten 30
sind
asphaltiert, dazwischen staubtrockene Piste, auf der trotzdem
halsbrecherisch
gefahren und überholt wird. Den Gegenverkehr sieht man durch die
Staubwolke
schon ziemlich früh.
Milkowo liegt nicht ganz am Fluß,
sondern irgendwo 10 – 20 km dahinter. Ich hatte noch mitbekommen als
wir
die Brücke über die Kamtschatka passierten.
Nun ist unser Russisch nicht so, das wir in der Lage gewesen wären, dem
Busfahrer mitzuteilen, das wir hier aussteigen wollen.
Deshalb standen wir nun einige
Minuten später mit unserem ganzen Gepäck im Zentrum Milkowos. Hier gab
es einen
kleinen Supermarkt (Μагазин) und eine
„Kneipe“ altsowjetischer Prägung. Aber wie kommen wir an den Fluss?
Irgendwie
gelang es uns zwei Männern, die mit demselben Bus angekommen
waren, verständlich zu machen, was und wohin wir wollten. Sie hielten
daraufhin
ein Auto an (Lada) und erklärten dem Fahrer wortreich unser Problem.
Der
meinte, nach einem Blick auf unser Gepäck, er müsse erst noch zu einem
Freund,
wolle aber in einer Viertelstunde zurück sein und uns helfen.
Da standen
wir nun und hofften,
alles richtig verstanden zu haben. Es war ziemlich heiß an diesem
Mittag und
das alte Mütterchen (Бабужка)
das in der Kneipe und den Toiletten nach dem Rechten sah, kümmerte sich
rührend
um uns.
Wirklich,
nach etwa 20 Minuten,
kamen zwei Autos, wir luden unser gesamtes Gepäck ein, Annette fuhr mit
dem
einen, ich mit dem anderen Auto und zurück ging es bis zur Brücke über
die
Kamtschatka. Auf dieser Brücke gibt es einen Checkpoint der
Verkehrspolizei,
die jeden Wagen anhalten und kontrollieren. Wir biegen schon vorher ab
und
fahren Richtung Flussufer. Dort laden wir unser gesamtes Gepäck wieder
aus, bedanken
uns bei unseren Helfern mit unserem rudimentären Russisch und einigen
Rubelscheinen.
Kaum sind
unsere Helfer
verschwunden und wir allein am Fluss, erscheint das „Auge des
Gesetzes“, das
natürlich die gesamte Aktion beobachtet hatte und wollte unsere Papiere
sehen.
Pässe, Visa, Registrierung alles in Ordnung und der Milizionär fragt
uns nach
unseren Plänen, die wir versuchen ihm halbwegs verständlich zu machen.
Da die
Boote noch nicht aufgebaut sind, gelingt uns das nur
ansatzweise.
Nachdem das
Zelt aufgebaut und
der Hausstand soweit verstaut ist, macht es sich Annette im Zelt bequem
und ich
beginne die Boote aufzubauen. Das gelingt mir sogar ziemlich gut und
echt
schnell. Schon bald zeigt sich, das die stechenden, beißenden und
saugenden
Insekten Kamtschatkas etwas ganz besonders fieses und gemeines sind.
Einige der
Viecher schaffen es immer wieder, unter das Moskitonetz zu gelangen. Ich erschlage Hunderte in
den ersten
Stunden, es werden nicht weniger. Wir
hatten auf ein chemisches Mittel verzichtet und uns auf die
Moskitonetze
verlassen. Dies ist hier in Kamtschatka ein Fehler.
Im Laufe
des Nachmittags kam eine
junge Frau vorbei und wollte uns Fisch verkaufen. Nun ich dachte, das
die
Bärengefahr hier unter der Brücke von Milkowo nicht besonders groß sei.
Als sie
jedoch eine Stunde später zurückkam, entpuppte sich der versprochene
Fisch als
(Lachs)-Kaviar. Sosehr wir Fisch mögen, sowenig mögen Annette und ich,
Kaviar.
Allerdings ist dies den Russen einfach nicht verständlich zu machen.
Für sie ist
der Kaviar einfach das größte und beste. Dafür werfen sie sogar den
Fisch weg.
Ich hatte einige Mühe, Tanja klarzumachen, das ich zwar gern Fisch
hätte, das
ich allerdings überhaupt keinen Kaviar wollte. Sie hatte aber nur
Kaviar. Also
konnte aus dem Handel einfach nichts werden.
Mittlerweile
ist es schwül und
gewittrig geworden. Die Moskitos werden immer schlimmer. Ich muss ins
Zelt
flüchten. Das führt dazu, das es an diesem Abend nichts zu essen gibt.
In der
Nacht und am nächsten Morgen regnet es. Wir beschließen, noch einen Tag
länger
unter der Obhut der Miliz zu bleiben. Die Moskitos setzen mir ziemlich
zu.
Meine Arme und Beine sind richtig angeschwollen und heiß.
Im
Laufe des Tages verpacken wir das meiste in
die Kanusäcke. Da wir auch noch unsere Wanderrucksäcke dabei haben,
müssen auch
diese irgendwie in die Boote verstaut werden.
Am nächsten Morgen, als ich gerade Frühstück mache, kommt der ältere Milizionär und lädt uns zu Tee bzw. Kaffee ein. Ich verspreche ihm, das wir später kommen. Allerdings scheinen unsere Zeitvorstellungen etwas zu differieren. Während wir im Zelt (wegen der Moskitos) frühstücken, kommt er noch mal. Wir packen Bild-Wörterbuch und Sprachführer ein. Ich stecke auch noch unsere Pässe in die Innentasche meiner Fleecejacke. Sobald wir asphaltierten Boden bei unserem Weg auf die Brücke erreichen, nimmt die Anzahl der stechenden Ungeheuer schlagartig ab. Der Empfang ist sehr herzlich und wir versuchen, uns irgendwie zu verständigen. Beim Kaffee wird unser kleiner Sprachführer (Bildwörterbuch) von beiden Seiten als untauglich bewertet. Aber irgendwie, mit Händen und Füssen ging es doch. Nachdem uns die Miliz noch freundlicherweise mit Mückenmittel versorgt hatte, machen wir uns endgültig ans Zusammenpacken. Gegen 12.30 Uhr haben wir alles in und auf den Booten verstaut. Diese waren sozusagen „ heavily loaded “.
Als ich
Annettes Boot ins Wasser
geschoben hatte, stellte ich fest, dass der Fluss sehr schnell sehr
tief wird,
so das ich das Boot drehen und gegen die Strömung einsteigen muss.
Nachdem ich
im Boot sitze, erinnere ich mich noch, das hinter mir
die Fleece Jacke liegt und werfe sie ins Cockpit zwischen
meine
Beine. Der Fluss fließt hier ziemlich schnell. Eine Messung mit dem GPS
ergab
eine Geschwindigkeit von ca. 7 – 8 km/h. D. h. mit paddeln kamen wir
auf
Geschwindigkeiten von 10 – 11 km/h. Den Bären, den Annette meinte
gesehen zu
haben, konnten wir durchs Fernglas nicht ausmachen. Vielleicht war er
ja schon
weitergezogen. Der Otter oder Biber, der gegen die Strömung am Ufer
entlang
schwamm war, um ihn durchs Fernglas zu beobachten, zu schnell.
Stellenweise
braust und gurgelt
das Wasser an Baumstämmen, Ästen und sonstigen Hindernissen im Wasser.
Man muss
teuflisch aufpassen, denn die Strömung ist ziemlich stark.
Auf manchen Sandbänken sehen wir Angler die mit Schlauchbooten unterwegs sind. Von den Häusern Milkowos ist vom Fluss aus nichts zu sehen, allerdings die Rauchfahne des Kohlekraftwerks begleitet uns die nächsten Stunden. Die nächste und letzte Brücke über die Kamtschatka ist erst in Dolinowka. Langsam gewöhnen wir uns an den Rhythmus auf dem Fluss. Hindernisse sind schon von weitem zu hören. Allerdings verlangt der Fluss fortwährende Aufmerksamkeit. Wo hatte ich ähnliches schon einmal gelesen? Ach ja in einer Flussbeschreibung über den Yukon, auf dem ich 1997 unterwegs war. Damals hatte der Yukon allerdings so wenig Wasser, das keine Gefahr bestand. An einer Sandbank, an der wir eine kurze Pause machen, sehen wir die ersten Bärenspuren. Allerdings vom Bären keine Spur. Na ja, wir wollen ihn schließlich nicht erschrecken und auf einen „Alarmstart“ legen wir auch keinen gesteigerten Wert.
An einer
Kiesbank in einer
Rechtskurve komme ich zu weit in seichtes Wasser. Die Strömung zieht
das Boot
über Steine. Bei einem Faltboot ist das nicht ganz ungefährlich. Ein
Loch in
der Bootshaut kann ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Ich muss
aussteigen,
um das Boot wieder in tieferes Wasser zu bekommen. Mit viel Mühe und
Kraft
gelingt es mir. Nachdem ich wieder im Boot sitze und befreit durchatmen
will,
sehe ich die Menge Treibholz direkt auf mich zukommen. Ein Paddelschlag
zu
langsam. Das Boot neigt sich, kentert, und da ich keine Spritzdecke
anhabe,
falle ich mehr oder weniger aus dem Boot. Prustend tauche ich wieder
auf und
versuche, aus der Hauptströmung schwimmend ans Ufer zu kommen. Schwer
atmend
schaffe ich es, einen Ast zu ergreifen und mich Richtung Ufer zu
hangeln. Als
es passierte, war es etwa 15.15 Uhr. Der Fischer, der mich beobachtet
hatte,
fragte etwas, das ich mit Ja beantwortete, dann paddelte er weiter. Ich
stand
da. Wo Annette ist, wusste ich in diesem Augenblick nicht. Ich wusste
nur, das
Sie in ihrem Boot vor mir war. Ich wartete. War mein Boot unter das
Holz
gedrückt worden? Ich konnte es nirgends sehen. Der Fluss teilte sich
hier in
zwei Arme. Welches ist der richtige auf dem Annette weitergepaddelt
ist?
Gegen 16
Uhr traf ich dann eine
(wie sich herausstellte leider falsche) Entscheidung und folgte dem
linken
Flussteil. Dieser Nachmittag muss ein Festtag für die Moskitos gewesen
sein. Auf dem Weg
dort, fiel mir dann
auch ein, dass unsere Pässe in meiner Fleece Jacke waren. Mist! Ohne
Papiere in einem Land wie
Russland. Gegen 18 Uhr traf ich dann auf einen Fischer, der mir
erklärte, das
ich den falschen Flussteil gefolgt war. Er brachte
mich mit seinem Boot erst ans andere Ufer, dann zu seinem
Versteck für sein Boot im Wald, dann weiter durch den Wald zu seinem
Auto und
zur Miliz nach Milkovo.
Dort wurde
dann nach einigen, mir
unverständlichen Telefonaten, der Fischerei-Inspektor eingeschaltet,
der dann
die weitere Suche in die Hand nahm. Zum Glück sprach der
Fischerei-Inspektor
einigermaßen Englisch. Gegen 20 Uhr war das große Schlauchboot
aufgepumpt, der
Außenbordmotor angebracht und justiert und wir konnten das Boot zu
Wasser
lassen. Es war für mich gar nicht so einfach, jetzt, im veränderten
Licht, die
Stelle wieder zu finden an der ich gekentert war. Aber plötzlich sahen
wir auf
einer Kiesbank, Annettes Boot liegen. Von Annette allerdings keine
Spur. Ich
und der Fisch-Inspektor stiegen aus, die anderen sind weitergefahren.
Der
Fisch-Inspektor entdeckte dann am anderen Ufer eine Gruppe von drei
Personen
und dirigierte das Boot hinüber. Kurze Zeit später kamen sie mit
Annette (und
meinem Boot) wieder. Ich war unheimlich froh, Annette wieder zu
sehen.
Soweit
meine eigene Schilderung
der Vorgänge. Zum Vergleich Ausschnitte von Annettes Darstellung in
unserem
Reisetagebuch:
„Ich habe gesehen, dass Reinhold zu weit in Richtung Sandbank abgetrieben ist und Probleme hatte wieder ins schnellere Wasser zu kommen, allerdings war ich im Hauptstrom, also war es unmöglich irgend etwas zu tun, ohne mich der Gefahr auszusetzen, zu kentern. Voraus lag ein riesiges Baumhindernis das den Fluss auf 1/3 seiner Breite reduzierte, staute und rasend schnell machte. Direkt hinter dem Baum fuhr ich ins Kehrwasser und habe auf Reinhold gewartet. Er kam nicht – also mussten seine Probleme relativ groß sein. Nach einiger Zeit stieg ich aus, packte meine Bärenglockchen und wollte auf der Sandbank entlang gehen. Gerade in diesem Moment kam Reinholds Kajak gekentert den Hauptstrom entlang. Panik ergriff mich – rein in mein Boot – der erste Versuch zu starten misslang (ich war auf einer Sandbank). Raus aus dem Boot, weg mit Fleece und Bärenglöckchen, ein neuer Startversuch und hinter Reinholds Boot her. Diesmal ging es gut, dreihundert Meter weiter gelang es mir Reinholds Boot zu fassen und Richtung Ufer zu drängen. Verzweifelt habe ich versucht, es umzudrehen, meine Spritzdecke war offen und im Nu war mein Boot voller Wasser. Eine Kenterung ließ sich nicht mehr verhindern. Das Aussteigen klappte ganz gut, aber die Strömung drückte mich unter Reinholds Kajak. Es gelang mir unter dem Boot durchzutauchen. An den Ästen entlang zog ich mich Richtung Ufer. In einem Schlauchboot kam der Angler den Reinhold gesehen hatte. Die letzten drei Meter zum Ufer musste ich schwimmen. Der Mann zog Reinholds Boot aus dem Fluss und gemeinsam zogen wir es aufs Ufer und haben es ausgeleert.(...)
Weiter
flussaufwärts war ein
rotes Boot und Menschen zu sehen – ob hier Hilfe war? Das Boot kam
herauf,
Uniformierte auf dem Boot, wir luden das Gepäck ein und es ging los, im
Boot
sage der Polizist ‚your husband
is alive’ und auf der Sandbank stand er. (...).“
Nachdem zuerst unsere Sachen und dann wir nach Milkovo zurücktransportiert wurden, war dann auch ein Dolmetscher zur Stelle. Für diese Nacht wurden wir im Hotel Dolina untergebracht. Auf der Fahrt ins Hotel gab es noch eine kleine Stadtrundfahrt mit Lenin-Denkmal und Strasse des Sieges. Nach dem Einchecken organisierte uns unser Dolmetscher im neben dem Hotel liegenden Supermarkt Brot, Käse und Bier. Viel geschlafen haben wir in dieser Nacht allerdings nicht. Die Aufregung steckte uns noch zu sehr in den Gliedern.
Am nächsten Morgen wurden wir um 10 Uhr von Michail, unserem Dolmetscher, abgeholt. Es ging wieder zum Fisch-Inspektor. Die Suche nach meiner Fleece Jacke, bzw. den Pässen hatte noch nichts ergeben.
Der
Inspektor unterbricht seine
Arbeit um uns zum örtlichen (Heimat)-Museum zu fahren, damit es für uns
nicht
zu langweilig wird. Die Führung findet mit Zeigestock auf Russisch
statt.
Michail übersetzt ins Englische. Im Museum unter anderem das Zimmer des
Direktors der Sowchose, ein Bild Stalins hängt an der Wand. Zurück zum
Büro.
Die Warterei nervt. Da auch beide Kameras Wasser abbekommen hatten,
wollen wir
in Petropawlowsk nach Ersatz suchen. Zudem hat Martha Kopien von
unseren
Pässen. So fuhren wir mit dem 12 Uhr Bus (der glücklicherweise etwas
verspätet
war) nach Petropawlowsk.
In
Petropawlowsk angekommen,
wollten wir zuerst Martha anrufen. Ein öffentliches Telefon war schnell
gefunden. Allerdings nur mit Telefonkarte. Erst nach längerem Suchen
gelingt es
uns an einem Kiosk eine Telefonkarte zu erstehen. Nach einigem
Probieren gelang
es uns auch noch die Karte erfolgreich einzusetzen und Martha
anzurufen.
Nachdem wir
Martha unsere
Geschichte erzählt hatten, griff Martha als erstes zum Telefon und
führte
einige Gespräche. Sie erklärte uns, das wir dringend morgen einige
Ämter
besuchen müssten und das wir insgesamt bis jetzt eigentlich
unverschämtes Glück
gehabt hätten. Papiere seinen in Russland nach wie vor etwas sehr
wichtiges.
Wir erfuhren von Ihr, das zwei Deutsche die auf der Avacha gekentert
waren,
sofort in den Flieger zurück nach Deutschland gesetzt wurden. Wir waren noch
immer da und wollten wieder
zurück auf den Fluss zumal am 16. August der zweite Teil unserer
Flusstour von
Kozyrevsk nach Ust-Kamtschatsk mit unserem Guide Slawa starten
sollte.
Als erstes
stand am nächsten Tag
ein Besuch beim Fundbüro in Petropawlowsk an. Martha hatte uns eine
Dolmetscherin organisiert, ohne die wir zugegebenermaßen ziemlich
hilflos
gewesen wären. Mit der Bescheinigung über den Verlust unserer Pässe
ging es dann
zum Amt für Pässe und Visa. Allerdings nicht am gleichen Tag, da das
Fundamt
täglich nur von 17 – 18 Uhr geöffnet hat. Ein winziges Kabuff mit
Gitterschutz.
Dahinter ein Uniformierter mit „Dienstkatze“. Die Bestätigung über den
Verlust
war ca. 10x10 cm groß und kostete 100 Rubel. Der Besuch beim Amt für
Pässe und
Visa am nächsten Tag mit Lena, der Chefin von Diligans, war für uns
dann erst
mal weniger erfreulich. Es drohte uns nämlich, das wir früher nach
Hause zurück
müssen, wie uns Lena (auf russisch) und unsere Dolmetscherin auf
Englisch zu
erklären versuchten. Danach waren wir erst mal ziemlich geknickt.
Allerdings
kam am gleichen Abend noch die Nachricht von Martha, das es möglich
wäre erst
wie geplant, am 3. September zurückzufliegen. Wir haben an diesem Abend
dann
noch die deutsche Botschaft in Moskau angerufen, die uns versprochen
haben, uns
Ersatzpässe auszustellen und alle Formalitäten für unsere Ausreise in
die Wege
zu leiten. Danach mussten wir am nächsten Tag noch Passbilder machen
lassen und
die Passanträge, die uns die deutsche Botschaft zumailen wollte,
ausfüllen und
mit den Bildern nach Moskau schicken.
Am Samstag Vormittag haben wir nochmals Passbilder machen lassen, die Passanträge ausgefüllt und per Express Post nach Moskau geschickt. Die Postangestellte war so nett, Anschrift und Absender in kyrillischen Buchstaben aufzuschreiben.
Nachmittags riefen wir dann noch Michail in Milkowo an und baten ihn, uns ein Zimmer im Hotel Dolina zu besorgen. Als wir abends ankamen, hat er uns an der Bushaltestelle abgeholt und ins Hotel gebracht. Dieses Mal haben wir kein „deluxe“ Zimmer, dafür kostet es auch nur die Hälfte, ist aber völlig in Ordnung.
Da am Sonntag weder der Fisch-Inspektor noch seine Leute erreichbar sind und unsere Sachen dort in der Garage eingeschlossen sind, verbringen wir den Sonntag in Milkowo mit Schlafen und Spazieren gehen. Am Montag morgen sind wir wieder beim Fisch-Inspektor. Unsre Pässe sind auch in der Zwischenzeit nicht gefunden worden. Zum Glück haben wir mit Martha schon alles notwendige veranlasst. Während ich die Boote zusammenpacke, besorgt Annette die Originale der Berichte vom Fisch-Inspektor und der Miliz. Gegen halb zwölf musste es dann ziemlich schnell gehen, da der Bus nach Kozyrewsk um 12 Uhr abfahren sollte. Er fuhr dann allerdings erst nach 13 Uhr. Um unsere etwa 100 kg Gepäck befördern zu können, mussten zwei der Ersatzreifen zurückbleiben. Kurz vor der Abfahrt kam noch Sergej, der Milizoffizier vorbei, um uns eine gute Reise zu wünschen.
Etwa 35 km hinter Milkowo – ein Schlag und man hörte wie der Reifen geplatzt ist. Der Busfahrer ignorierte das Geräusch die nächsten 10 Kilometer, jedoch vor der folgenden Gefällstrecke stiegen die beiden Fahrer aus und ihr Stirnrunzeln sagte: es bleibt keine Wahl als den Reifen zu wechseln.
Vor Kozyrewsk geht es per Fähre über die Kamtschatka. Die Busse müssen rückwärts auf die Fahre, um vorwärts herunterfahren zu können. Gegen 17.45 Uhr waren wir in Kozyrewsk. Der Versuch, auch hier jemanden zu finden, der uns mit unserem Gepäck zum Fluss bringt, war erst mal nicht von Erfolg gekrönt. Es hatte uns zwar jemand mit Motorrad versprochen vorbeizukommen, aber nachdem wir eine halbe Stunde gewartet hatten, machte ich mich mit Annettes Boot auf den Weg in Richtung Fluss. Im Gegensatz zu Milkowo war es in Kozyrewsk nicht allzu weit bis zum Fluss. (Etwa 1 km). Als ich zum dritten Mal unterwegs war, Annette wartete an der Bushaltestelle, hielt dort ein Motorrad mit Seitenwagen und fragte sie, wo wir denn seien. Er brachte Annette mit dem restlichen Gepäck dann zum Fluss. Ich war schon dabei, das Zelt am Flussufer aufzubauen. Der Bauer, der Annette geholt hatte, lud uns ein, unser Zelt in seinem Garten aufzubauen. Die Einladung zum Tee haben wir gern angenommen. Den angebotenen Kaviar haben wir ausgeschlagen, den luftgetrockneten Lachs dagegen gern angenommen. Es ist unmöglich den Russen verständlich zu machen, das wir keinen Kaviar mögen. Nachdem er dann die zweite Flasche Selbstgebrannten aufgemacht hat, versuchten wir uns in Richtung unseres Zeltes abzuseilen. Der Selbstgebrannte, Annette konnte als Frau dankend abwinken, hatte meines Erachtens mindestens 60% Alkohol. Zudem waren da noch irgendwelche Kräuter drin. Mehr als ein Glas war nicht möglich. Der Hausherr konnte das allerdings nicht richtig verstehen und ich konnte es ihm nicht in der gebotenen Höflichkeit erklären. Aber es war auch ein Lehrstück in Sachen russische Gastfreundschaft, die wir nun schon zum wiederholten Mal erleben durften und die uns ein Stück weit ein „schlechtes Gewissen“ verursachte.
Am nächsten
Tag habe ich wieder
unsere Boote aufgebaut. Einhelliger Kommentar aller die vorbeikommen.
Kein
Motor, viel zu klein für den großen Fluss. Unser Ziel,
nämlich Ust-Kamtschatsk, wurde milde
belächelt. Zum Glück verstanden wir die meisten Bemerkungen und
Kommentare
nicht. Vieles war sicherlich nicht unbedingt schmeichelhaft für uns.
Zum dritten Teil unserer Kamtschatka Reise