What
a
wonderful world
Vom Karpatenbär
zu den Kormoranen des Deltas
Ein Sommer in Rumänien
Die Rumänienreise fing beschwerlich an.
Der
Reiseführer beschrieb den Weg zur Bushaltestelle am Flughafen als
halsbrecherisch (es gilt, eine sechsspurige Strasse zu überqueren) und
er hatte recht. Die nächste Herausforderung lauerte auf dem Bahnhof:
der Zug, für den wir Reservierung und Fahrkarte hatten fuhr nicht,
jedenfalls nicht zur angegebenen Zeit und die Zugnummer gab es auch
nicht. Es blieb uns nichts anderes übrig als den nächsten Schnellzug zu
nehmen. In Brasov holte uns eine Art Taxi ab, der letzte Teil der Reise
führte uns über eine kaum befestigte Schotterpiste und Serjoscha wurde
immer grüner um die Nase.
Am nächsten Morgen fuhren wir dann in den Bärenpark von Zernest. Hier
leben ehemalige Zirkus- und Tanzbären. Die Bären können in relativer
Freiheit leben. Ein riesiges Gelände, das früher die örtliche
Waffenfabrik beschützen sollte, steht ihnen heute zur Verfügung. Im
Bärenpark gab es zwei Neuzugänge. Einer davon war wohl ein Kragenbär.

Eine Wanderung von Magura aus, führte uns in ein entferntes Tal.
Während es um Magura wie im Allgäu aussah, sah die Landschaft 400
Höhenmeter weiter oben ganz anders aus. Es gab kaum Wasser und die
Vegetation war fast schon steppenartig. Viehhirten trieben ihre Herden
zusammen und eine Gruppe Pferde und daneben ein Esel grasten dort.

Am nächsten Tag sind wir nach Bran gewandert. Angeblich sollten es nur
fünf Kilometer sein, im Endeffekt waren es dann 13 km und ein
Höhenunterschied von 400 Metern. Unser Kleiner hat nahezu die ganze
Tour toll mitgehalten. Als wir ziemlich verschwitzt einen Höhenzug
erklommen hatten, lief vor uns eine Bäuerin auf dem Weg zum Heuen, sie
hielt an und schenkte uns Hände voller Sauerkirschen, fast ein halbes
Eimerchen voll - eine köstliche Erfrischung bei dieser Hitze.
Eine andere wundervolle Wanderung führte uns zur Curmatura Hütte. Los
ging es durch eine Karstlandschaft, dann bog der Pfad ab und es ging
steil bergauf. Da es in der Nacht zuvor heftig geregnet hatte, waren
Wurzeln und Steine ziemlich glitschig. Das GPS wollte im Canyon und im
Wald nicht funktionieren, aber schließlich haben wir es doch geschafft.
Auf dem Rückweg mussten wir kurz vor Ende auf der anderen Talseite
wieder nach Magura hinauf. Auf halber Höhe trafen wir auf Rehe. Da sie
uns nicht bemerkten, konnten wir sie in aller Ruhe fotographieren.
Selbst der Blitz störte sie nicht.

Nach 10 Tagen in Magura machten wir einige Tage in Brasov Station. Die
Menschen in der Tourist-Info waren sehr freundlich und kompetent und so
hatten wir im Nu ein prima Zimmer. Wir haben uns ausgiebig Brasov
angeschaut, sind mit der Seilbahn auf den Hausberg gefahren und haben
uns die Stadt von oben angesehen. Wir waren im Orgelkonzert in der
Schwarzen Kirche und haben einen Ausflug in den Wintersportort Poiana
Brasov gemacht.

Von Brasov fuhren wir nach Covasna weil wir Serjoscha die legendäre
Schmalspurbahn zeigen wollten. Doch wie sich zeigte, fahren auf diesen
Gleisen schon lange keine Züge mehr. Unser Kleiner genoß dafür das
Plantschen im Pool der Pension in vollen Zügen. Nachts zogen
Sternschnuppen über den blauschwarzen Himmel und wir kamen gar nicht
mehr nach mit Wünschen.
Die nächste Station auf unserer Reise war Galati. Am ersten Abend haben
wir uns die Schiffspromenade zu Ehren der Donau angesehen. Serjoscha
hat viel Zeit mit dem Sandburgenbau an der Donau verbracht (was ihm an
einem Tag dann auch einen leichten Sonnenstich einbrachte). Einige Tage
verbrachten wir in einem Naturreservat mit einem hunderjährigen
Eichenwald.
Von Galati aus ging es nach Muringnol. So sehr wir uns auch bemühten,
es gelang uns nicht, ein Kanu zu mieten. Es scheint so gut wie keine
Kanus zu geben (das nächste Mal bringen wir unsere eigenen mit). Der
Chef des Campingplatzes brachte uns dann mit seinem Motorboot ins
Delta. Wir sahen Enten, Störche, Reiher und Pelikane. Im Delta sind
absolute Massen an Motorbooten unterwegs - ob diese Massen die
empfindlichen Ufer und Mangroven noch lange so bestehen lassen, wer
weiß.

Von Tulcea aus fuhren wir mit der Fähre nach Sanfu Gheorge. Aus den
sieben Campinghütten in unserem Reiseführer sind inzwischen gut
füünfzig geworden. Aber der Platz war sehr schön: alle Hütten mit Holz,
Stein und Schilfdächern. Das Meer war warm, der Strand herrlich und der
Punkt, wo die Donau wirklich ins Schwarze Meer mündet sehr
eindrucksvoll.

Am Ende blieb eigentlich nur noch ein Abend in Bukarest - Schade bei
genauerem Hinsehen war die Stadt sehr spannend. Ich hätte gern vom
Bukarester Jugendstil angesehen. Im Bed-and-Breakfast wurden wir
zunächst weggeschickt und auf die Zeit nach Sonnenuntergang vertröstet.
Es war an einem Sabbat und darauf hatte der Reiseführer nicht
hingewiesen. Belohnt wurden wir am nächsten Morgen mit einer tollen
Stimmung beim holländisch - australisch - deutschen Frühstück in der
rumänischen Herberge. Schade, davon hätte ich gerne mehr
gehabt.
© Annette Baur und Reinhold Strecker , Januar
2010