What a wonderful world



"Hoch-Zeit und Island-Tief"

Der Entschluss, unser "sündiges Verhältnis" zu legalisieren war schon eine Weile gefallen. Das dieses auf keinen Fall in einem tristen deutschen Standesamt geschehen sollte war auch klar. Doch wo dann ? Unser Traumland Neufundland schied aus bürokratischen Gründen aus, in Norwegen haben wir 9 Monate nach einem Pfarrer gesucht der uns in der Stabkirche von Undredal trauen würde - vergeblich. Und dann erzählte ein Kollege von der Trauung auf Island. Nach unseren ersten Versuchen war klar: das könnte klappen !

Der Sommerurlaub war lange für Grönland geplant also beschlossen wir einen Zwischenstopp in Island einzulegen. In Island angekommen haben wir versucht, unseren Pfarrer zu erreichen, was uns im zweiten Anlauf auch gelang. Es war Freitag am späten Vormittag und unser Pater meinte, wir müssten schnellstens zum Standesamt um die Dokumente dort vorzulegen. Telefoniert hatten wir vom Einkaufszentrum in Hafnafjördur aus und dort sollten wir auch auf ihn warten. Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen plötzlich aussehen wie ein Pfarrer wenn man auf einen solchen wartet und keine Ahnung hat, wie dieser aussieht. Jedoch die meisten dieser Männer würdigten uns keines Blickes, sondern strebten zielgenau ins staatliche Alkoholgeschäft um dort ihre Wochenend-Einkäufe zu tätigen. Doch nach ziemlich langem Warten kam er. (Und war durch seine Kleidung eindeutig zu erkennen).Mittlerweile war es fortgeschrittener Freitag nachmittag und im Standesamt herrschte fast schon Wochenendstimmung. Der zuständige Amtsleiter prüfte unsere Unterlagen, hatte nichts dagegen einzuwenden schüttelte uns die Hände und sagte etwas unverständliches auf isländisch dazu.

Unser Pfarrer" fuhr uns dann zu unserer zweiten Übernachtung, einer Hühnerfarm am "Ende der Welt", wie die Adresse auf isländisch heisst. Trotz zwanzig Jahren auf Island und als Pfarrer von Reykjavik hatte er diese Adresse noch nie gehört. Am nächsten Morgen haben wir um uns die Zeit zu vertreiben den Edlidavatn umrundet. Eine nette vier Stunden Wanderung vorbei an einer alten Thingstätte, an Pseudokratern und Teilen eines neu entstehenden Stadtviertels. Nachmittags hat uns dann Pater Rolland zur Trauung abgeholt und mit zur Marienkirche genommen. Trauzeugen waren seine französische Haushälterin und der englische Pfarrer der Marienkirche. Es war eine unglaublich schöne Feier in der kleinen Kirche und die internationale Besetzung passte gut zu uns. Sicher, über einen Teil der Predigt hätte man lange und ausgiebig diskutieren können (das Weib sei dem Manne untertan, auch im 21. Jahrhundert), andere Teile waren einfach nur schön (die Bedeutung des Weines bei der Hochzeitsfeier). Nach der Messe haben wir zusammen im naheliegenden Park Hochzeitsbilder gemacht.

Anschliessend sind wir zu Fuss in die Stadt gelaufen. Der Weg zog sich endlos in die Länge und wir waren überzeugt, wir hätten uns ein paar Mal verlaufen, doch die Rückfahrt abends mit dem Taxi zeigte uns - es war tatsächlich so weit. Samstags abends in Reykjavik einen Tisch zum Essen zu finden, ist nicht eben leicht (trotz der saftigen isländischen Preise). Nach langem Suchen fanden wir einen Tisch in einem Steakhaus wo wir bei Essen und Rotwein den Tag beschliessen konnten.

Den nächsten Tag verbrachten wir damit, Postkarten an Freunde und Verwandte zu schreiben um sie über das Ereignis zu informieren. Abends nach dem Duschen war mein Ring plötzlich nicht mehr silbern, sondern kupferfarben. Sofort hatte ich die Hühner von der Farm in Verdacht, zumal das Duschwasser streng nach gekochtem Eigelb roch. Aber natürlich lag es am heftigen Schwefelgehalt des Hauptstadtwassers und die Tierchen waren völlig unschuldig.

Als nächstes mussten noch die Formalitäten erledigt werden. Wieder holte uns unser Pfarrer ab und brachte uns zum Standesamt um dort die Heirat ins isländische Zentralregister eintragen zu lassen. Danach ging es zur deutschen Botschaft um die Bestätigung für die deutschen Behörden zu bekommen. Nun sind wir also verheiratet und das ohne deutschen Standesbeamten.

Landmanalaugur - Regen und Sturm ohne Ende

Die nächste Etappe unserer Reise hiess Landmanalaugur. Der Bus kam am frühen Nachmittag dort an. Es war kalt und windig und die Menge an Zelten schreckte mich augenblicklich ab dort zu übernachten. Hin und Hergerissen zwischen einem Bad in den heissen Quellen und der Aussicht auf die erste Etappe des Laugavegur entschieden wir uns dafür glech loszuziehen. Das erste Solfatarenfeld ist dann auch ziemlich eindrucksvoll. Überall blubbert und brodelt es, kleine heisse Bäche quellen aus der Erde und der Schlamm glitzert in den schillerndsten Farben.

Übernachtet haben wir vor der Hütte auf fast 1200 m. Bis wir bei aufkommendem Sturm das Zelt aufgebaut hatten waren wir so durchgefroren, dass wir Stunden brauchten, um wieder warm zu werden. Die absolut schlechteste Erfahrung auf der gesamten Island/Grönland-Tour war die Hüttenwirtin auf dieser Hütte. Weil unser Wanderführer sagte, das auf den Hütten gekocht werden kann, haben wir, um Gewicht zu sparen (und um beim Flug nach Grönland keinen Ärger mit der Flugsicherheit zu bekommen) auf Kocher und Benzin verzichtet (eine dummer Fehler). Und nun kam der Bescheid - die Hütte ist voll und kochen darf nur, wer auch in der Hütte übernachtet. Durchgefroren und erschöpft waren wir ziemlich frustriert. Gnädigerweise haben wir später doch noch ein bisschen heisses Wasser bekommen.

Der nächste Morgen war kalt und neblig, trotzdem zogen wir wieder los. Reinhold hatte beim Abstieg am Ende der zweiten Etappe ziemlich viel Mühe - ich dagegen beim Durchwaten den anschliessenden Gletscherflusses. Trotzdem, wir erreichten die Hütte am Altevatn - doch auch die war voll. Also wieder ins Zelt. Auch hier ist die Kochgelegenheit in der Hütte denen vorbehalten, die auch dort übernachten. Auf unseren Einwand, dass wir weder Kocher, noch Benzin hätten, meinte die Hüttenwirtin: dann müssen Sie eben in der Hütte kochen. Und damit war das Problem erledigt. Am nächsten Tag zog das isländische Wetter alle Register: Sturm, Graupelschauer, Regen.

An ein Weitergehen war nicht zu denken. Nach einer weiteren Sturmnacht im Zelt, in der wir verstanden, warum es richtig war doch etwas mehr für das Zelt auszugeben, hat uns der Versorgungsjeep einer französischen Wandergruppe mit zur nächsten Hütte genommen. Welch ein Glück nach all den Unbilden des Wetters geschützt in einer Hütte zu sitzen, Regen und Sturm durch Glasscheiben zu sehen und warmes Essen zu kochen. Ausserdem wurden die meisten Ausrüstungsgegenstände langsam wieder trocken und wir konnten uns mit kulturellen Studien beschäftigen.

Da war die französische Wandergruppe, bestens mit Essen versorgt, die es aber viel Überwindung kostete beim Kochen ein oder zwei englische Worte über die Lippen zu bringen (aber das Begleitpersonal war ein echter Segen). Andererseits die Holländer, offen und unterhaltsam ... Was kocht die italienische Wandergruppe? Pasta. Was sonst. Die Deutschen - da wir selbst zu dieser Gruppe gehören, fallen uns gerade nicht die passenden Vorurteile ein.

Eigentlich heisst es ja "Eine Seefahrt die ist lustig..." aber das ist nichts gegen eine Busfahrt vom isländischen Hochland nach Reykjavik. Der Bus hielt vor der Hütte in Hvangil, wir stiegen ein und er Busfahrer akzeptierte ohne Rückfrage unsere Tickets die auf die Strecke Porsmörk - Reykjavik ausgestellt waren. Wahrscheinlich sagte er sich einfach Ticket ist Ticket, und sein Englisch war auch nur unwesentlich besser, als unser (nicht vorhandenes) isländisch. Diese Regelung kam also uns beiden entgegen. Es konnte losgehen. Türen zu, Zündschlüssel drehen und .... nichts. Nocheinmal dasselbe. Nichts. Ein kurzer Ruck an der Gangschaltung, der Bus rollt den Berg hinab und ... springt an. Die Fahrt über die Jeep-Piste konnte also losgehen. Die vorbeiziehende Landschaft ist grandios. Gletscher wechseln sich mit blauen oder grauen Flüssen und grünen Bergrücken ab. Die Geschwindigkeit, mit der unserer Busfahrer durch Gletscherflüsse fuhr, beeindruckte. Und das mit einer Händ am Handy. Eine Busfahrt mit der Linie 13 ist ein echtes Erlebnis.

Vier Wochen später, auf dem Rückweg aus Grönland haben wir noch ein paar Tage Station in Island gemacht. Ein tolles Erlebnis dabei war ein Ausritt durch das Mosfells-Tal aus Islandpferden. Dies war mit Sicherheit nicht unsere letzte Erfahrung auf dem (Island)-Pferderücken.

Nach diesem Islandaufenthalt weiss ich endlich, was ein Islandtief ist. Unzählige Male wurden wir nass bis auf die Knochen. Selbst die angeblich wasserdichten Jacken hatten irgendwann ihre Grenzen erreicht. In Grönland erfuhren wir dann (von isländischen Reiseleitern) dass wir die einzigen schlechten Tage dieses Sommers erwischt haben. Island hatte in diesem Jahr (2004) einen absoluten Jahrhundertsommer. Die heimischen Zeitungen schrieben von einem "Mallorcasommer". Es war so heiss, dass irgendwann die Schneemobiltouren auf die Gletscher eingestellt werden mussten.


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© Annette Baur und Reinhold Strecker , Februar 2005